Inge Mahn

Samstag und Sonntag, 12 – 18 Uhr
3./4., 10./11. und 17./18. August 2024
Rodenhof 2, Weidingen

Die Stiftung zur Förderung zeitgenössischer Kunst in Weidingen freut sich, Sie auf eine Präsentation von Inge Mahn aufmerksam zu machen, die ab 3. August 2024 zu sehen sein wird (siehe Öffnungszeiten). Die auf drei Standorte in Weidingen verteilte Präsentation bietet einen umfassenden Blick auf das Schaffen der 2023 verstorbenen Künstlerin, deren künstlerischer Nachlass von der Stiftung betreut wird.

Eine einmalige Auswahl von Mahns Gipsskulpturen aus den 1980er Jahren bis zum Jahr 2017 eröffnet den neuen Ausstellungsraum der Stiftung im Rodenhof, wo sie dauerhaft zu sehen sein werden. Die Skulpturen zeugen von Mahns einzigartiger bildhauerischer Vision und ihrer Vorliebe für die Neukontextualisierung von alltäglichen Formen und Materialien. Die ausgestellten Werke spielen mit Raum und Größe, nehmen Wände, Böden und Ecken ein oder lehnen sich gegenseitig an. Drei silhouettierte Vögel aus Gips liegen auf dem Boden, als wären sie in ihrer Bewegung oder ihrem Zug erstarrt, während elf Säcke aus Gips und eine überdimensionale Schüssel mit Spiegel Mahns Bewusstsein für Volumen vermitteln und den Betrachter dazu einladen, sein eigenes, stilles Spiegelbild zu betrachten. In Duisburger Pflanzen beschwören Mahns säulen- und kirchturmartige Objekte gleichzeitig die Kraft und Profanität sakraler Architektur. Neben den eigentlichen tragenden Säulen des Raumes stellen die Lehnenden Säulen und Blumentöpfe der Künstlerin funktionslose Säulen dar, die mit der vorhandenen architektonischen Struktur interagieren und uns zugleich dazu anregen, den gewohnten Umgang mit dem Raum neu zu definieren.

Mehr als fünf Jahrzehnte lang schuf Mahn skulpturale und performative Arbeiten, in denen sie oft alltägliche Dinge bewusst verfremdete, um durch subtile Veränderungen neue Möglichkeiten aufzuzeigen. Die zumeist aus weißem Gips bestehenden Werke sind nicht als isolierte Einheiten zu betrachten, sondern stehen stets im engen Dialog mit den individuellen architektonischen Begebenheiten, welche sie umgreifen. Bemerkenswert ist, dass die Künstlerin nie reine Abbilder erstellte, vielmehr übersetzte sie die Objekte mit großer Dynamik in ihre eigene Gestalt.

Für Mahn bestand die Rolle der Künstlerin weniger darin, den Prozess zu kontrollieren, als ihn zu beobachten: „Ich tue etwas, und die Materialien tun etwas.” Diese Offenheit gegenüber den räumlichen Gegebenheiten und den Eigenschaften der Materialien führt zu einer Lebendigkeit, die die Skulpturen zu erfüllen scheint.

Neben der Präsentation im Rodenhof ist Mahns letztes großes Werk in der Ausstellungshalle der Stiftung in der Gartenstraße 32 zu sehen, für die es auch konzipiert wurde. Mit Untitled (Altar), 2023, greift Mahn Elemente auf, die uns bereits in ihrem Schaffen begegnet sind. Eine weiße Glocke steht im Mittelpunkt einer Stiefelparade, die sich auf einer Drehbühne kreist und über der sich drehende Gewänder schweben. Das kinetische Element hat im Schaffen Mahns auch mit dem Unerwarteten zu tun, indem sie Dinge loslässt um sie dann eigenständig agieren zu lassen. Eine weitere Skulptur, Pentagramme (Gefallene Sterne), 1992, die drei fünfzackige Sterne in verzinktem Eisenblech darstellt, ist nun Teil des Skulpturengartens der Stiftung, ebenfalls in der Gartenstraße 32. Neben Skulpturen sind in der Bibliothek Günther Förg (Hauptstraße 7) auch eine Auswahl von Zeichnungen und Archivmaterial ausgestellt.


Inge Mahn wurde 1943 in Teschen, Polen, geboren und starb 2023 in Berlin. Sie lebte und arbeitete in Berlin und Groß Fredenwalde. Die Arbeiten der Künstlerin wurden in institutionellen Einzelausstellungen gezeigt, zuletzt im Bauhaus Dessau (2020); Kunstverein Braunschweig, im K21 Düsseldorf (beide 2017); und in der Akademie-Galerie Die Neue Sammlung, Düsseldorf (2014). Frühere Ausstellungen umfassen das Museum Schweinfurt (2006); Kunsthalle Kassel (1999); Kunsthalle Helsinki (1996); Württembergischen Kunstverein Stuttgart (1990); Hamburger Bahnhof, Berlin (1988); Städtische Galerie im Lenbachhaus, München (1983); MoMA PS1, New York (1981); und auf der documenta 5 in Kassel (1972).

Mahns Werke befinden sich u.a. in den Sammlungen von ARTER, Istanbul; Neue Nationalgalerie, Berlin; Hirshhorn Museum and Sculpture Garden, Washington, D.C.; Institut für Auslandsbeziehungen, Stuttgart; Kiasma – Finnish National Gallery, Helsinki; Kunsthalle Schweinfurt; Kunstmuseum Düsseldorf; und Sammlung der Kunstakademie Stuttgart. Von 1987 bis 1993 war sie Professorin für Bildhauerei an der Akademie der Bildenden Künste Stuttgart und von 1993 bis 2009 an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee in Berlin.

Interview mit Inge Mahn im Rahmen ihrer Einzelausstellung, Galerie Max Hetzler Berlin,  24.02.21, Minute 10:01 – 10:04